MGBN Flyout nach Gruyères im Oktober 2005 (Niggi Moos)

Fotos: Guido Huggenberger , Stefan Stebler

 

Er musste ja kommen – der Bericht über den mal etwas anderen Vereinsausflug. Irgendwie hat es mich gestört, dass auf unserer Homepage mit dem Jahr 2003 die Tradition der Berichte über unsere Vereinsausflüge zu Ende sein sollte.

 

Ok, vom Jahr 2004 gibt’s halt wirklich keinen Bericht. Irgendjemand hätte ihn ja auch noch schreiben müssen. Es muss nicht zwingend immer der Obmann sein...

Nun, für das Jahr 2005 soll das wieder besser werden. Ich habe mir Besserung gelobt. Also, Tastatur abgestaubt und angefangen. Schöne Bildli haben wir ja einige schon gesehen. Diesen Bildlis aber auch noch ein wenig Leben einzuhauchen, soll der Sinn dieses Berichtes sein. Vielleicht bekommt jemand beim Lesen sogar noch Lust dazu, bei einem solchen Ausflug auch mal dabei zu sein? Ich gebe zu, so billig wie Easy Jet können wir das halt nicht machen, aber dafür ist ein Fensterplatz garantiert und die Flugrichtung kann man erst noch beeinflussen, wenn man mit dem Chauffeur spricht...

 

Kommen wir zur Sache:

Samstag, 8. Oktober 2005, 10:00 treffen sich ein paar unentwegte, freiwillige MGBN’ler und Zugewandte auf dem Flugplatz Fricktal-Schupfart. Die Rollenverteilung wer sitzt wo und wer macht was (Backseat Driver, 1st Officer oder Captain) war schnell gemacht. Schliesslich waren dabei auch noch gewisse Sachzwänge zu berücksichtigen. Die HB-PBV und die HB-PIG harrten geduldig der Dinge die da kommen sollten, nachdem wir sie aus ihren Schlafplätzen herausgezogen hatten (Bild 1).

 

 

Da war einfach ein riesiges Problem: Unerbittlich stand die gefürchtete und berüchtigte Herbstnebelwand am Ende der Piste 07. Dicht wie Erbsensuppe hatte sie sich breitbeinig an das Pistenende gesetzt und tat keinerlei Anstalten sich zu verflüchtigen. Oh je, bis 12:30:00,00 können wir abheben. Schaffen wir es nicht, müssen wir bis 14:00:00,01 warten – sonst kann es viiieel Geld kosten... Es gibt nämlich Zeitgenossen in unserer Gegend, deren ihre Bestimmung ist es, mit der Funkuhr diese Zeiten zu überprüfen. Sollte da mal ein minimaler Ausrutscher stattfinden, dann werden flugs die freundlichen, bestimmten Herren in blaugrauen Hemden angerufen. Die wissen zwar nicht um was es genau geht, aber kommen müssen sie trotzdem...

 

Also: Vorbereitung ist alles. Unsere Vögel werden „geaussencheckt“ und getränkt. Gurgelnd läuft jener blau-durchsichtige, vom Geruch her süchtig machende Saft in die Tanks. Nein nein, nicht vulgäres grünes Autobenzin, sondern blaues edles AVGAS 100LL mit diesem speziellen Aroma – Insider wissen, von was ich spreche! (Bild 2).

 

 

Schnell werden die Headsets noch eingestöpselt, Karten und Plotter bereitgelegt, Papierkrieg ausgefüllt – bis auf die Abflugzeit - und gehofft...

 

Gnadenlos bleibt die Wand stehen. Es ist 12:10. Jetzt müssten die Treibsätze angeworfen werden, sonst reicht es nicht mehr für Warmup, Taxi und Runup bis 12:30.  Das geistige Bild von glücklich zu Mittag dinierenden Crews in Gruyères verblasst  langsam. Dafür wird das Bild von Franz’s Airpick Schnipos immer wie deutlicher.

So gegen 13:45 ist wieder etwas Hektik zu beobachten. Ein Anruf in Gruyères bestätigt mir, dass wir willkommen seien (PPR). Die Besatzungen begeben sich zu ihren Jägern.  Überall beginnen die Strobelights zu blitzen. Hustend erwacht der erste Lycoming zum Leben. Eine Kolonne von Cadets, Huskies, Michis Archer und unsere Arrow rumpelt Richtung Runup Position 07. Fast wie wenn Fliegen ab morgen verboten würde.  Die Nebelwand hat sich fast aufgelöst.

 

Michael schiebt die Hebel der Bravo Victor zuerst auf „laut“. Etwa 2 Minuten später ist die India Golf dran. High RPM, etwa 27 Zoll Ladedruck und los geht’s. Positive Steigrate, „Gear up“ und wir sind airborne.  Etwa 3 Minuten später – alles ist im grünen Bereich und justiert -  abmelden in LSZI und ein Druck auf die vorgewählte Frequenz 123.450:

 

Bravo Victor vo India Golf, wo bisch?“  - „Wolggemaschine öbbe uff viertuusigfünfhundert  (KKW Gösgen) tönt es von der Bravo Victor zurück (Bild 3).

 

 

 

Sechs Augen schauen nach vorne. Da, leicht links von der Dampfwolke und etwas höher wie wir ein winziger Punkt – vermutlich die Bravo Victor.

Ich lasse 24 Zoll Manifold stehen. Wir wollen diesen Punkt ja etwas grösser werden lassen. Beim Näher kommen dann: „Bravo Victor, mir sinn öbbe 500 Meter hinde rächts vo dir“ (Bild 4)

 

 

 

 

India Golf, mir sehn euch jetzt“ tönt’s zurück. Darauf drehe ich die PIGgy etwas nach links auf die Bravo Victor zu (Bild 5/6).

 

 

 

 

 

 


Gleichzeitig nehme ich Power auf etwa 18 Zoll zurück – sonst ist der Schnellzug vorbei (Bild 7).

 

 

 

Wir bleiben eine Zeitlang parallel, bis wir das Funkfeuer Willisau erreichen (WIL). Die unterschiedlichen Reisegeschwindigkeiten der beiden Flieger sind auf die Dauer etwas mühsam. Michael hat seinen schwarzen Hebel meist fast auf Anschlag vorne und muss wegen Überdrehzahl aufpassen. Ein Problem das die PIGgy mit ihrem Constant Speed Propeller nicht hat. Wir fliegen dafür im „Economy Mode“.

 

Nach dem Kurswechsel über WIL Richtung Thun, entschliesse ich mich, unsere beiden Flugzeuge etwas zu separieren. Ich drehe ein 2 Minuten 360° Holding um Michael davonziehen zu lassen. So können wir unsere individuellen Reisegeschwindigkeiten einhalten und wir werden mit der PIGgy die Bravo Victor etwa beim Thunersee wieder eingeholt haben.

 


Zudem rufen die schönen Wolkentürme direkt nach individuellen Kursen. Die Wolkendecke unter uns scheint jetzt beinahe geschlossen (Bild 8).

 

 

 

Nach WIL steigen wir nun beide auf etwa 8500 ft um eine bessere Übersicht zu bekommen. Unsere beiden parallelen, aber einige Kilometer voneinander entfernten Tracks erlauben uns einander gegenseitig jeweils die Art und Dichte der Wolkendecke unter uns zu rapportieren. Die Sorge erweist sich als unbegründet. In der Gegend von Langnau i.E. reisst die Wolkendecke komplett auf. Das GNS 430 zeigt nun eine Ground Speed von 145 – 147 Kts  (ca. 270km/h). Die bestehende Nordostwind (Bise) schiebt uns also ein bisschen.

 


Tatsächlich holen wir die Crew der Bravo Victor beim Thunersee wieder ein.  Dank der nun gewaltigen Sicht auf die Berner Alpen entschliessen wir uns, beide Flieger in Richtung Interlaken zu drehen. (Bild 9A)

 

 

Wir steigen kurz auf etwa 9500 ft. Die Luft ist kirchenstill. Stahlblauer Himmel, null Dunst, die weissen Wolkentürme, Eiger, Mönch und Jungfrau und das grünblaue Seewasser des Thuner - und Brienzersees ergeben ein gewaltiges Bild (Bild 9B)

 

 

 

Mein hannoveranischer, flachländischer Copilot ist überwältigt. Ein „Yupeee, ist Fliegen schön“ Schrei ist hier angebracht. Ein letzter Blick auf den Mystery Park, ein Jagdfliegerabschwung nach links von der Bravo Victor weg, Nase der PIGgy leicht gesenkt und schon rauschen wir mit 160 Kts Richtung Wimmis. Wenn man genau hinschaut, sieht man die PIGgy auf dem Bild unten als Punkt etwas tiefer davonziehen (Bild 10).

 


Wir rauschen auf Gipfelhöhe am Niesen vorbei und drehen ins Simmental ein. Das Stockhorn nehmen wir dabei auch noch mit (Bild 11, 12)

 

 

 

Minuten später nähern wir uns dem Knick des Simmentals. Wir sinken nun langsam ab. Links sieht man die Piste von Zweisimmen als wir über den Jaunpass drehen. Eindrücklich nun die schroffen Alpweiden der Fribourger Alpen, an denen man vorbeikommt (Bild 13)

 

 

Hier, in etwas geringerer Höhe, spüren wir leichte Turbulenzen – die einzigen Erschütterungen des ganzen Fluges! Durch das Valleé de Motélon, rechts am Dent de Broc vorbei kommt der Lac de Gruyères in Sicht. Zum Glück weiss das GNS430 und auch ich wo der Flugplatz ist. Der wird nämlich aus dieser Richtung kommend gemeinerweise vom Dent de Broc voll abgedeckt.

 

Um den Anflugsektor, die Höhen und einen kontinuierlichen, leichten Sinkflug einhalten zu können, erweitere ich bis La Roche, wo ich Gruyères aufrufe (Bild14).

 

 

Die haben da ziemlich Traffic und Fallschirmspringer. Wir bekommen die Piste 35 (fast immer der Fall). Dies gibt einen spektakulären Anflug. Zuerst parallel zur Piste im Downwind hinter dem Schlosshügel/Städtchen (Bild 15)

 

 

 

fast auf gleicher Höhe vorbei, relativ knapp über eine Baumbewachsene Krete weiter geradeaus (man sieht den Flugplatz nicht), ca. 120° eindrehen, knapp an der Flanke des Dent du Bourg entlang schmirgeln (man sieht die Vögel auf den Bäumen…), Höhe genau einhalten und plötzlich sieht man die Piste schräg links vor einem.  Full Flaps gesetzt und in den kurzen, relativ steilen Final für die 35 eingedreht (Bild 16).

 

 

Michael ist mittlerweile auch im Anflug auf den Flugplatz. Wir parkieren unsere beiden Vögel vor der Beiz und sind wirklich nicht die Einzigen. Jetzt die berühmten Himbeeren mit Crème de Gruyères!! Leider schon wieder eine Enttäuschung. Zu spät, keine Himbeeren mehr. Aber wir könnten auch gute Himbeer/Erdbeerahmglacés mit Crème de Gruyères im Holzfässli haben, meinte die Servierdame in einem Gemisch aus Französisch und einer südländischen Sprache – der Tag war gerettet, die Glacé mit Crème war wirklich exzellent! (Bild 17).

 

 

 

16:30, Zeit zum Aufbrechen (die Flieger waren bis 18:00 reserviert). Ein spektakulärer Start am Kirchturm von Montsalvens vorbei (Bild 18),

 


ohne die Bäume vom ansteigenden Gelände mitzunehmen, dann 45° nach rechts auf den See hinaus. Ich drehe auf Heading Fribourg VOR (FRI) und reduziere auf etwa 4500 ft die Leistung und die Geschwindigkeit auf ca. 90 Kts. Die nach uns gestartete Bravo Victor soll ja aufschliessen können. Michaels Crew holt uns tatsächlich kurz danach ein (Video, Bilder 19, 20, 21).

 

 

 


Nach ein paar engeren Formationsübungen gehen wir auf Sicherheitsdistanz. Lockerungsübungen sind nun angesagt. Wir warten bis links unten die Stadt Fribourg vorbei ist. Fuel Pump auf „on“ und Emergency Gearlever auf „override“ - sonst kann das Fahrwerk rauskommen – der Spass kann losgehen. Michael fängt vor uns an: Parabelflug. Ich heize die PIGgy etwas an und ziehe sie etwa 60° hoch. Nun wird genau so viel gestossen, dass Schwerelosigkeit eintritt. Die Frage ist, wie lange schwebt die Sonnenbrille oder der Fotoapparat vor dem Gesicht?  Zügig abfangen, bevor die Geschwindigkeit zu hoch wird gibt jetzt etwas mehr positive G’s. Nochmals 60° hochziehen, ein Tritt ins linke Seitenruder, leicht linke Querlage, wir stehen fast auf dem linken Flügel und rauschen wieder hinunter. Gerade stellen und wieder abfangen. Ein schmutziges hehehehe mit hannoveranischem Akzent vom rechten Sitz und ein baseldytsches „Aber nur aimool suscht kotzi….“ vom hinteren Sitz und ein „Seht gaaaiiiil uss !“ via Funk war die Quittung. Den zweiten Teil der Lazy Eight schenken wir uns - auf Grund von Guidos vorherigem Kommentar. Ich hasse feuchtwarme Packungen mir Crème de Gruyères im Genick…

 

Der Murtensee zieht links vorbei (Bild 22) und die übliche Ratefrage: „Wer sieht den Flugplatz Bellechasse?“ kommt auf. Diesmal sehen wir ihn tatsächlich!

 

 


Über der Petersinsel dann: „Nämme mer dr Chasseral au no mit?“ Natürlich nehmen wir ihn mit (Bild 23).

 

 

Die Bravo Victor und die India Golf haben sich mittlerweile wieder geschwindigkeitsabhängig getrennt. Wir ziehen der Jura Rennstrecke entlang an Grenchen vorbei (Bild 24).

 

 

Die Dampfwolke von Gösgen ist bereits wieder sichtbar. Michael und Stefan werden noch einen Abstecher nach Nunningen machen, Stefans Wohnort. Die PIGgy folgt der Bölchenautobahn. Wir werden noch schnell in Eptingen bei unserem Modellflugplätzli vorbeischauen. Es liegt ja praktisch am Heimweg. Ich setze zu einem Anflug an und sehe, dass trotz vorgerückter Stunde ein Miniflieger fast auf unserer Höhe turnt. „Die fliegen ja noch!“ (offenbar war es Alex…) und Anflug nach rechts Richtung Läufelfingen abgebrochen.


Wir zielen auf Gelterkinden. Guido will auch noch ein paar Föteli von seinem Wohnort machen (Bild 25).

 

 

Die tief stehende Sonne und die bereits farbigen Wälder geben das typische Bild und Licht  eines wunderschönen Oktoberabends.

 

 

Schupfart meldet immer noch RWY 07. Wir steuern die Farnsburg an und ich melde einen „Straight in Approach“ auf Piste 07. Approach Check, „Gear down“ – und wir schweben mit heulenden, geöffneten Fahrwerkschächten der Landung entgegen – eben das typische PIGgy Geräusch. Meine beiden MGBN Kollegen sehen die Piste noch nicht; erst als rechts Wegenstetten auftaucht realisieren sie, wo wir genau sind (Bild 26)

 

 

Nach der Landung folgt das traditionelle „Flugiputzen“ und wir stellen die PIGgy wieder auf ihren Lift (Bild 27).

 

 

Ein kühles Bier (oder 2, oder 3, gäll Chrischtian) und mit einem herrlichen Sonnenuntergang geht ein wunderschöner Tag zu Ende. (Bild 28).

 

 

 

 

 - Niggi Moos